15.03.2022

Kultur ist harter Standortfaktor

Sie darf nicht als "Steinbruch" für andere Ausgaben benutzt werden
Wulf Mämpel ist Publizist und schreibt für das Lions-Magazin die Kolumne "Klartext".


Die Kultur hat es schwer − nicht nur in Corona-Zeiten. Dabei entsteht sie durch die Menschen, die sie prägen, jeder nach seiner Fasson. Die Kultur lebt nicht als verwaltete, verstaubte Institution, vielmehr ist sie als Spielfläche für kreative Visionen für unsere freie Zivilisation von großer Bedeutung. Deshalb die Frage: Sind wir noch auf einem richtigen Weg, mit den vorhandenen Pfunden unserer Kultur-landschaft zu wuchern?

Dass regionale Kulturangebote als starke Standortfaktoren wirken können, beweisen viele Kommunen sehr eindrucksvoll seit vielen Jahrzehnten. Ich hoffe, die Politik ist sich dessen noch immer bewusst. Kulturelle Existenz in einer Stadt ist keine schmückende Ausstattung, sie ist eine Vorleistung, die allen zugutekommt, kein dekorativer Luxus, sondern Ausdruck eines menschlichen Grundbedürfnisses, nicht allein Standortfaktor, sondern Ausdruck von Humanität, Kreativität und  Wohlbefinden − kurz: Menschenrecht und Teil unseres Bildungskanons! Gerade Abiturienten sollten wissen, dass  Oskar Kokoschka kein Mittelstürmer von Schalke 04 war, sondern ein berühmter Maler.

Der Wandel durch Kultur und Kultur durch Wandel hat längst stattgefunden. Und doch steht das Thema zurzeit nicht oben auf der Agenda. Ich wünsche allen Entscheidern eine glückliche Hand bei der kulturpolitischen Arbeit, zu der die Theaterlandschaft, die Museen, Musik, die Literatur, die  Vielfalt der schönen Künste ebenso zählen wie die Bildung, zu der ich auch die Herzensbildung zähle. Dieses riesige kulturelle Spektrum innerhalb unserer internationalen Gemeinschaft schafft Freiheit, einen offenen Geist und Toleranz und muss daher immer verteidigt, gefordert und gefördert werden!

Qualität hat ihren Preis! Kultur muss uns immer auch etwas wert sein. Am liebsten umsonst − das geht auch künftig bei der Kultur wie im täglichen Leben nicht. Es kann nicht sein, dass Künstler an der Grenze zur Armut leben, von der Hand in den Mund. Kultur ist Teil unseres humanen Zusammenlebens und damit etwas sehr Wertvolles. Damit  Kultur ein harter Standortfaktor bleibt, müssen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, private  Mäzene, Vereine und Bürger sich darüber im Klaren sein: Ohne Kultur sind wir künftig nur wohlhabende Neandertaler!

Denn noch immer gilt: Die Kultur führt zu einem Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und von Menschen mit ihrer Umwelt, es bildet sich eine Gemeinschaft in einer Vielfalt. In dieser Gemeinschaft ist es von großer Bedeutung, immer wieder für neue Kulturen offen zu sein, Kultur weiterzugeben und zu verbreiten, denn dadurch entstehen humane Kulturräume und es gewinnt die Idee an Bedeutung, dass Kultur die Würde eines Menschen prägt.

Von Mark Twain stammt der  Satz: "Kultur ist das, was übrigbleibt, wenn der letzte Dollar ausgegeben ist". Kultur ist eben mehr als alles andere ein Wert an sich. Wir sollten uns darüber immer im Klaren sein!

Wulf Mämpel





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